IGELHILFE – Antrag nicht angenommen!

Unser Antrag „Nachtfahrverbot für Mähroboter zum Schutz der Igel und andere nachtaktive Tiere“ wurde von der Stadt Zwickau nicht angenommen. Die Zuständigkeit liege in der unteren Naturschutzbehörde und damit beim Landkreis.

„Wir nehmen Bezug auf den übersandten Antrag der BfZ-Fraktion „Nachtfahrverbot für Mähroboter“ und teilen mit, dass der mit dem Antrag verfolgte Artenschutz (Igel und andere nachtaktive Tiere) in die Zuständigkeit der unteren Naturschutzbehörde fällt. Da insoweit der Landkreis Zwickau gemäß §§ 46 Abs. 1 Nr. 3, 47 Abs. 1 SächsNatSchG i.V.m. §§ 3 Abs. 1, 44 Abs. 1 BNatSchG örtlich und sachlich zuständig ist, fällt die Angelegenheit nicht in die Zuständigkeit des Stadtrates. Der Antrag ist daher wegen Unzuständigkeit nicht auf die Tagesordnung des Stadtrates zu setzen.“  …so die Stadt Zwickau.

Bildnachweis: mit freundlicher Unterstützung des Vereins Stachelnasen Zwickauer Land e.V.

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Antrag

zur Aufnahme eines Verhandlungsgegenstandes auf die Tagesordnung der Sitzung

Stadtrat 26.06.2025 gemäß § 2, Abs. 2 der Geschäftsordnung des Stadtrates

Die Verwaltung wird beauftragt die Einführung eines Nachtfahrverbots für Mähroboter zum Schutz der Igel und andere nachtaktive Tiere vorzuschlagen.

Begründung:

Ziel:

Igel als hauptsächlich dämmerungs- und nachtaktive Tiere und andere kleine Wirbeltiere sollen vor der Gefahr einer Tötung oder Verletzung durch den Betrieb von Mährobotern während der Dämmerungs- bzw. Nachtzeit geschützt werden. Damit wird auch gewährleistet, dass nächtliche Verstöße gegen Verbote aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG reduziert bzw. für die Hauptaktivitätszeit des Igels ausgeschlossen werden.

 

Biologisch-ökologische Aspekte

Igel sind nachtaktive Tiere, die bei Gefahr nicht flüchten und sich zum vermeintlichen Schutz zusammenrollen. Trifft ein Mähroboter auf einen Igel, fügen die rasiermesserscharfen, motorenangetriebenen und rotierenden Klingen der Mähroboter den Igeln Verstümmelungen bzw. erhebliche Verletzungen zu, was oft den Tod des Igels zur Folge hat. Auf ihrer nächtlichen Futtersuche mit Streifgebieten von durchschnittlich 2 Hektar sind insbesondere Igel daher durch Mähroboter erheblich gefährdet, zumal Mähroboter mancherorts fast täglich im Einsatz sind, was das Risiko zusätzlich erhöht.

Das häufige Vorkommen und die Schwere der Verletzungen belegen die von Dr. Anne Berger gesammelten Daten zu Schnittverletzungen, diese Daten wurden bereits im Januar 2024 von dem Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung veröffentlicht [1]. Dabei handelte es sich um 370 eindeutig protokollierte Fälle; die Dunkelziffer von nicht gefundenen, nicht gemeldeten oder bereits vor Ort getöteten Igeln wird deutlich höher ausfallen, da verletzte und noch mobile Igel sich in der Regel verkriechen und getötete Igel häufig von anderen Tieren gefressen werden und sie dadurch kaum mehr auffindbar sind.

Ein nachgewiesener Bestandrückgang sorgte 2024 dazu, dass der europäische Braunbrustigel auf der roten Liste als potenziell gefährdet eingestuft wurde [2] und untermauert die Legitimität des Anliegens zusätzlich.

 

Technische Aspekte

Entgegen der Werbung von Geräteherstellern werden technisch ausgereiftere, „igelsichere“ Modelle von Mährobotern, welche Igel ohne deren Berührung erkennen und den Betrieb autonom einstellen bzw. die Tiere mit hinreichendem Sicherheitsabstand umfahren, nach aktuellem Kenntnisstand nicht oder in nur ganz geringem Umfang auf dem Markt angeboten. Nicht eines der derzeit auf dem Markt befindlichen Geräte ist aber wirklich „igelsicher“ und dem Verbraucher zu empfehlen, da sie entweder in unabhängigen Crashtests Igel schädigten oder gar nicht in solchen standardisierten Test geprüft wurden [3]. Einziger derzeit verfügbarer technischer Schutz für Igel ist ein an einigen Geräten befindlicher „Tierfreundlich-Modus“, der verhindert, dass der Mähroboter nachts und in der Dämmerung fährt, aber dieser Modus kann aktuell vom Nutzer selbständig deaktiviert bzw. kann durch Sonderaufsätze (wie Scheinwerfer) umgangen werden. Unseres Wissens gibt es nicht ein auf dem Markt befindliches Mährobotermodell, das einen wirklichen Schutz von Igeln und anderen Kleintieren garantiert, ganz im Gegenteil wird in den Sicherheitshinweisen oft vor einem unbeaufsichtigten Gebrauch gewarnt.

 

Rechtliche Aspekte

Eine entsprechende zeitliche Nutzungseinschränkung für Mähroboter ist nach §§ 3 Abs. 2, 44 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) erforderlich, um die Einhaltung des Zugriffsverbots aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG sicherzustellen. Die Generalklausel aus § 3 Abs. 2 BNatSchG kann (wie hier) insbesondere zwecks Verhütung rechtswidriger Verhaltensweisen herangezogen werden (Heß/Wulff in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht Werkstand: 105. EL September 2024, § 3 Rn. 18, m.w.N.). Mit einer zeitlich befristeten Nutzungseinschränkung in der Zeit von 30 Minuten vor Sonnenuntergang bis 30 Minuten nach Sonnenaufgang (was die Hauptdämmerungszeiten abdeckt) stellt diese Schutzmaßnahme keine Beeinträchtigung für den Mähvorgang an sich dar. Eine solche Nutzungseinschränkung steht damit nicht außer Verhältnis zu der Intensität des Eingriffs.

Der Erlass von individuellen Verboten etwa nur für den Fall, dass Verstöße gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG auch tatsächlich festgestellt werden, wäre von geringerer Sicherheit (da erst bei bereits festgestelltem Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG greifend) sowie in Bezug auf eine effektive Durchsetzung des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG von deutlich höherem, in der Realität nicht zu bewerkstelligendem (Kontroll-) Aufwand.

 

Gesellschaftliche Aspekte

Zahlreiche Städte und Gemeinden (siehe angehängte Liste) haben bereits ein Nachtmähverbot umgesetzt und die Gefahr erkannt, die von diesen autonomen Geräten ausgeht. Auch die Umweltministerkonferenz im Dezember 2023 hat entsprechende Forderungen an den Bund gestellt (zu finden unter TOP 15:

https://www.umweltministerkonferenz.de/documents/endgueltiges-ergebnisprotokoll-101-umk_1702995436.pdf)

Fazit: Das Verbot würde das Engagement unserer Stadt für den Schutz einheimischer bedrohter Tierarten zeigen und fördert das Bewusstsein für artgerechte Lebensräume. Wir bitten daher um Zustimmung zu diesem Antrag und um Umsetzung entsprechender Regelung in unserer Stadt.

Quellen mit Links zu weiterführenden Quellen:

[1] Pressemitteilung des IZW vom 23.01.2024: https://www.izw-berlin.de/de/pressemitteilung/neue-forschung-zu-schnittverletzungen-bei-igeln-durch-maehroboter-entdeckt-erhebliches-aber-loesbares-tier-und-artenschutzproblem.html

[2]     https://www.iucnredlist.org/species/29650/213411773

[3]     Pressemitteilung des IZW vom 15.01.2025: Von Crashtests, Notbremsassistenten und Nachtfahrverboten: Wie automatisiertes Rasenmähen igelsicher wird – Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung

Leipzig

https://www.leipzig.de/newsarchiv/news/schutz-von-igeln-nachtfahrverbot-von-maehrobotern-gilt

 

Jens Heinzig

Fraktionsvorsitzender